Glück

Frei wie ein Vogel

Während ich den Vögeln bei ihrem fröhlichen Treiben zuschaue, wird mir klar, woher die Redensart „frei wie ein Vogel sein“ kommt. Sie brauchen nichts. Die Schöpfung hat Ihnen alles gegeben: Ein wunderschönes Kleid, das ihnen steht und sie vor Nässe, Hitze und Kälte schützt. Sie brauchen weder Kunstfasern noch irgendwelche Mode. Sie finden auch ohne GPS wieder nach Hause und schaffen das sogar aus eigener Kraft. Sie machen sich keine Sorgen um ihre Zukunft. Sie sammeln oder jagen ihre Nahrung, bauen ihre Häuser aus Naturmaterialien und machen nicht einmal Schulden dabei. Vögel brauchen keine Therapeuten, keinen Strom und keine Handys.

Können Tiere glücklich sein? Zumindest tendenziell zufriedener als wir Menschen dürften sie sein, weil ihre Bedürfnisse und Wünsche viel geringer sind.
Vögel leben nur im Jetzt. Sie sind auf den Moment konzentriert. Sie nehmen das Leben, wie es kommt, und machen das Beste daraus – sie haben auch gar keine Wahl. Haben sie uns Menschen dadurch etwas voraus? Ist die Fähigkeit zu denken, zu wünschen, zu planen, sich zu sorgen, ein Segen für uns Menschen? Manchmal habe ich meine Zweifel, wenn ich bedenke, wie schwer wir uns unser Leben machen. Wir plündern die Ressourcen und zerstören unseren eigenen Lebensraum. Unsere Wünsche wachsen mit unserem Lebensstandard und das nimmt kein Ende. Wir jagen dem Geld hinterher und arbeiten oft unter Bedingungen, die uns krank machen.

Was ist Glück?

Was ist Glück überhaupt? Ein Ereignis oder ein Empfinden? Jedenfalls ist Glück nur eine Momentaufnahme, also kurzlebig. Insofern unterscheidet sich Glück von Zufriedenheit. Aber Zufriedenheit ist der wichtigste Schlüssel zu einem glücklichen Leben.
Ob wir zufrieden sind, hängt allerdings weniger von den Lebensumständen ab, als vielmehr von unserer Sichtweise. Warum nutzen wir unsere Fähigkeit, zu denken nicht stärker, um die positiven Dinge zu würdigen, dankbarer zu sein? Mir scheint, in unserer Welt des Wohlstands braucht es mehr „Glück“ als zum Beispiel auf Dominika, um es auch als Glück zu empfinden.

Das alte Sprichwort „jeder ist seines Glückes Schmied“ sagt uns, dass wir die Verantwortung dafür haben, wie wir unser Leben gestalten. Auch wenn unterschiedliche Intelligenz, Erziehung und soziales Umfeld den eigenen Blick auf das Leben entscheidend prägen, haben wir immer eine Wahl und damit die Verantwortung für unser Leben.

Der Weg zum Glück

Wie kommen wir also zu einem glücklichen Leben in Zufriedenheit? Dankbar sein, loslassen und das Leben annehmen, wie es kommt – das scheint mir, alles zu sein, was es zur Seelenruhe braucht!
Wir haben uns schon so sehr an die Annehmlichkeiten unseres Wohlstandes gewöhnt, dass wir vieles als selbstverständlich erachten. Das führt dazu, dass wir die vielen kleinen und großen Dinge in unserem Kosmos wie auch unsere menschlichen Beziehungen, für die wir dankbar sein könnten, gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Auch ich muss mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass es eben nicht selbstverständlich ist, gesunde Kinder und Enkel zu haben, in einer erfüllten Partnerschaft zu leben, genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf zu haben. In Freiheit, in geordneten politischen Verhältnissen, in einer der schönsten und abwechslungsreichsten Landschaften der Welt zu leben, ist nicht selbstverständlich. Wir haben also allen Grund, dankbar zu sein. Sehen wir all dies nicht, haben wir kein Maß mehr, sind wir abgehoben, entwurzelt?
Das Leben mit all seinen Fügungen anzunehmen und sogar gutzuheißen, was mir beschieden ist, bedarf einer gehörigen Portion Demut. Der Lohn ist Erleichterung, denn ich belaste mich nicht mehr mit bohrenden Fragen nach dem Warum und mit dem Kampf gegen Unabänderlichkeiten. Ich stehe nicht mehr als Opfer da, sondern als freies Wesen, in der Lage, auf gegebene Situationen zu reagieren. Versuche ich hingegen, allen Eventualitäten vorzubeugen, oder sie gar auszuschließen, bleibt fürs Leben weder Muße noch Zeit. Mit dem Schicksal zu hadern, dagegen anzukämpfen, ist sinnlos. Es würde mich nur Energie und Lebensfreude kosten. Auch, wenn es oft so dahergesagt wird: Gegen eine Krankheit zu kämpfen, sie sogar zu besiegen, klingt in meinen Ohren überheblich.

Loslassen

Loslassen ist für mich der schwierigste Schritt zur Zufriedenheit. Gier, Wünsche, Machtstreben und unsere Neigung, möglichst vieles gleichzeitig zu tun, damit wir ja nichts verpassen, hat uns mehr oder weniger weit von unserem Inneren entfernt. Auch übertriebenes Sicherheitsbedürfnis und das sich Sorgen um alles Mögliche rauben uns die Unbekümmertheit. Indem wir uns auf unsere Seele konzentrieren, zum Beispiel in Meditation üben, reflektieren, was unsere wirklichen Bedürfnisse sind und Ballast aussortieren, kommen wir zu einem Leben in Freiheit und Zufriedenheit. Freilich nur, wenn wir auch wirklich umsetzen, was uns die Seele sagt. Bei mir ist das sicherlich der Knackpunkt.

Die alten Meister offenbaren uns eine wichtige Lebensweisheit und sie wird auch durch wissenschaftliche Studien bestätigt: „Das Glück liegt in der Beschränkung“. Also loslassen von Dingen, die wir nicht brauchen. Das ist nachvollziehbar. Wer leichter verzichten kann – oder auch muss – ist deutlich zufriedener, weil er näher bei sich ist, weniger vom „Sein“ abgelenkt. Das bestätigt uns übrigens mehrheitlich auch die Nachkriegsgeneration.

In kleinen Dingen habe ich die Erfahrung schon öfter gemacht, wie befreiend Beschränkung auf das Wesentliche sein kann. Hier und jetzt zum Beispiel, wo ich fernab von TV, Handy und den gewohnten Annehmlichkeiten einige Wochen auf engem Raum verbringe. Natürlich ist hier nicht alles nur toll, aber ich möchte diese Zeit auf dem Atlantik um nichts in der Welt missen! Vieles, was in meinem Alltag selbstverständlich ist, muss nicht sein und manches hindert mich an einem bewussteren Leben. Das war mir noch nie so klar wie hier draußen auf See.

Aber warum tue ich mir mit diesem Verzicht so schwer, obwohl ich weiß, dass er ein Gewinn wäre? Wider besseres Wissen fröne ich im Alltag der Versuchung. Gutes Essen, zuviel Fleisch, Rotwein, Naschereien zwischendurch oder Nachrichten schauen während des Abendessens (zumindest, wenn ich alleine bin) sind die kleineren Sünden, die größeren verrate ich nicht.

(Auszug aus „Besinnung unter Segeln“)

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